Tim Stapel »Multiplex«
Mittels elementarer Formen konstruiert Tim Stapel grafische und malerische Reihungen, die sich zwar einer zentralperspektivischen Anlage von Raum entgegenstellen, aber dennoch in den perspektivischen Raum vordringen. Neben der Reduktion auf streng komponierte Raster begünstigt der kalkulierte Einsatz von Farbe und isometrischer Parallelperspektive ein permanentes Vor- und Zurücktreten einzelner Formen – eine Dichotomie der Sichtweisen. Für die Galerie Parrotta hat der Künstler eine Bodenarbeit entwickelt, die sich an der Grenze von zwei- und dreidimensionalem Objekt bewegt: Als textiles Gewebe nimmt sie realen Raum ein und behauptet sich dennoch auch als Bildfläche, als ein bildhafter Ausgriff in die dritte Dimension. »Als Maler bin ich an Bildern interessiert. Allein die Tatsache, dass das Bild auf dem Boden liegt, ist für mich spannend. Die Verlagerung des Bildes aus seiner Frontalansicht lässt es verstärkt zu einer Fläche, zu einem Feld aus Längen und Breiten ohne (Bild-)Tiefe ausdehnen. Die flache Fläche stellt andere Anforderungen an das Bild und zwingt zu einer Neubewertung des malerischen Raums. Der räumlichen Situation ausgesetzt entwickelt das Bild gleichzeitig skulpturale Eigenschaften. Es öffnet sich in den Raum und stellt eine Mehransichtigkeit der Bildfläche her. Die Bildstruktur zeigt sich so in unterschiedlichen Form- und Farbkonstellationen. Der perspektivische Bildraum multipliziert sich mit seinen perspektivisch verkürzten Ansichten.« Von einfachen Systemen ausgehend werfen die formstrengen Arbeiten Tim Stapels in ihrer visuellen Vieldeutigkeit nicht abgegoltene Fragen der Konkreten Kunst neu auf. Geprägt wurde der Begriff 1930 in einem Manifest von Theo van Doesburg: Das Bild soll ausschließlich aus plastischen Elementen, d.h. aus Flächen und Farben konstruiert werden und keine andere Bedeutung als sich selbst haben. Trotz konsequenter Reduktion bildnerischer Mittel verweigern sich die Arbeiten Tim Stapels einer solchen Selbstbezüglichkeit. Die elementaren Formen zeigen nicht nur die Abhängigkeit vom Raum und Betrachterstandpunkt, sondern auch eine Aufhebung ihrer perspektivischen Eindeutigkeit.
Tim Stapel »Multiplex« (engl.)
Tim Stapel constructs by elementary forms graphical and pictorial strings which are opposed to a central perspective arrangement of room, but nevertheless advance in the perspective room. Besides the reduction to a strictly composed pattern the calculated use of colour and isometric drawing benefits with the permanent prominence and regressing of single forms - a dichotomy of perception.
For Parrotta Gallery the artist designed a work on the floor that ranges on the threshold between a two- and three-dimensional object. As a textile tissue it captures real space but exhibits nevertheless a flat image area. As a pictorial break-out in the third dimension. “As a painter I am interested in pictures. The fact that the picture lies on the floor is fascinating to me. The deplacement of the picture of its frontal view makes it more and more a surface, a field that expands to lengths and breadths. The flat surface demands other things of the picture and forces the viewer into an evaluation of the pictorial room. Being confronted with the room situation the picture develops sculptural characteristics as well. It opens up into the room and can be watched from different point of views. The picture construction shows itself thus in different form and colour constellations. The perspective image space multiplies with its perspectivly shortened views.” With its origins in easy systems Tim Stapel’s works raise questions in concrete art. This term came up in a manifest of Theo van Doesburg: the picture has to be constructed only of plastic elements, of surfaces and colours and should not have any other meaning than itself. Despite the pictorial reduction of pictorial agents the works of Tim Stapel refuse such a self-regarding character. The elementary forms not only show the dependence on room and point of view but also an abiloshement of the perspective concreteness. © Parrotta Contemporary Art, 2009. Translated by Michelle Wagner.